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09.07.2014

Apokalyptische Szenarien; die neue Komplexkrankheit an Rosskastanien. In der Bulevardpresse wurden vor wenigen Tagen Schreckensmeldungen verbreitet. In den nächsten Jahren würden alle Rosskastanien absterben, so schreibt die Bild unter Berufung auf das Institut für Baumpflege in Hamburg. Die neuere Komplexkrankheit an den Bäumen würde eine ungewohnt starke Dynamik entfalten. Wie kann nun mit der Inszenierung eines solchen Ausnahmezustandes durch die Boulevardpresse umgegangen werden? Wenn es so kommt, wie es angekündigt wird, könnte dann unser Glauben an den Fortbestand der Welt erschüttert werden? Alle Kastanien abgestorben; man stelle sich einmal das Bild vor: Leere Straßenzüge, nur noch Autos im Stau ohne Bäume! Das wäre doch ein Weltuntergang, zumindest auf lokaler, anschaulicher Ebene. Ist es ein Schicksal, ein Verhängnis, eine biblische Plage? Diese Vorstellungen sind zwar sehr unmodern, dennoch macht es auch in der modernen und technisierten Welt durchaus Sinn, hin und wieder das Ende von Handlungsmöglichkeiten mit zu bedenken. Das "Menschenmögliche" kann sich durchaus brüchig zeigen, wenn es sich vor den beiden Großsubjekten Geschichte und Natur aufzustellen versucht. Aber der Bildzeitung überlässt man solche Inzenierungen von Schicksal und Verhängnis lieber nicht. Denn nur aus dem eigenen Geltungsbewusstsein parasitiert dieses Medium das Abgründige und Wandelbare der Welt. In der Alltäglichkeit der "schlechten Botschaft" liegt dann ihre verträgliche Dosierung.   Bei der Krankheit handelt es sich um das Zusammenwirken eines Bakteriums (Pseudomonas syringae pv. aesculi.) und holzzerstörender Pilze. Erst schädigt das Bakterium die Rinde und in der Folge können sich die Pilze, wie der Samtfußrübling oder der Austernseitling etablieren. Gestern haben wir eine schöne, große, rot blühende Rosskastanie (Aesculus x carnea) in einem Innenhof in Hamburg Altona gefällt. Sie hatte die Komplexkrankheit. Infos zur Krankheit: Institut f. Baumpflege

 

Literatur zur Ökologie und dem Konzept eines statischen Naturidylls:

 

Josef H. Reicholf, stabile Ungleichgewichte .

 

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